Gedenkweg erhalten ist mehr als Laub aufsammeln
"Wer kommt mit ausschachten?"
Wie eine Gruppe Schüler aus Herborn den Gedenkweg stabilisierte
Als Heiko von der Initiative Gedenkweg Buchenwaldbahn den Schüler:innen aus Herborn die nötige Arbeit am Gedenkweg erklärt, flüstern alle bereits miteinander, was sie gern machen wollen: Gedenksteine reinigen, Laub aufsammeln, abgesägte Äste mit Schubkarren abtransportieren, Holzhäcksel auf den Weg kippen und zur Stabilisierung platt treten…
Und dann sagt Heiko: “Okay, und wer kommt mit ausschachten?”
Ein Schüler meldet sich sofort und enthusiastisch. Die anderen schauen sich fragend an.
Und dann, nach einem kleinen Moment Stille und Geflüster fragt Heiko: “Achso. Wisst ihr, was Ausschachten ist?”
Nein, wir wussten das nicht. Zum Glück ist Heiko Experte. Für alle anderen hier eine kurze Definition:
Ausschachten =
- Erdreich ausheben zur Herstellung einer Grube
- ausbuddeln, ausheben, ausgraben
Es gab also etwas zu graben. Als das klar geworden war, streckten sich noch mehr Finger in die Höhe.
Eine Gruppe Schüler und ihr Lehrer machten sich mit Heiko auf den Weg zur Bushaltestelle Gedenkweg Buchenwaldbahn. Mit dabei: Spitzhaken, Schaufeln und jede Menge Schubkarren.
Denn es galt, einen Entwässerungsgraben zu vertiefen.
Vor der Ausschachtung
Vor der Ausschachtung
Entwässerungsgräben?
Der Gedenkweg Buchenwaldbahn läuft entlang der ehemaligen Bahnschienen vom Hauptbahnhof Weimar bis zur Gedenkstätte Buchenwald.
Erst im Frühjahr 1943 gebaut, nutzte die Schutzstaffel (SS) Buchenwald und die deutsche Wirtschaft diese neue Bahnverbindung, um Rüstungsmaterial zu transportieren. Rasch wurde die Verbindung auch für die Deportation von Menschen als Häftlinge ins KZ Buchenwald genutzt. Von Buchenwald aus starteten Züge in Vernichtungslager oder in eines der zahlreichen Außenlager, in denen tausende Männer, Frauen und Jugendliche an schwerer Zwangsarbeit zugrunde gingen.
Ohne die Bahnverbindung wäre das Konzentrationslager Buchenwald nicht das geworden, was es war. Der Erhalt des Gedenkwegs ist essentiell für die Erinnerung an genau diese Tatsache. Die Gedenksteine mit den Namen deportierter und durch Zwangsarbeit zu Tode gebrachter Kinder und Jugendlicher sind ein wachsendes Denkmal auf dem Gedenkweg.
Und worauf lagen die Schienen? Worauf verläuft heute der Gedenkweg als Wanderweg? Worauf liegen diese Gedenksteine?
Auf dem ehemaligen Bahndamm, aufgeschichten für den begradigten Verlauf der Bahnschienen. Gräben rechts und links sind Teil des Entwässerungs- & Stabilisierungssystems, das über 70 Jahre alt ist. Es muss erhalten werden, damit der Bahndamm nicht einbricht. Ohne diese Arbeit ist der Gedenkweg unvorstellbar.
Entwässerungsgräben rechts und links im Herbst
Entwässerungsgräben im Winter vor der Schneeschmelze
Drei Stunden später - essentielle Erhaltungsarbeit abgeschlossen
Der Sommer ist die perfekte Zeit, diese Gräben zu bearbeiten. Konkret ging es darum, den Entwässerungsgraben rechts vom Weg in Richtung Gedenkstätte unweit der Bushaltestelle zu vertiefen. Dort fließt ein Großteil des Wassers ab. Wasser kommt durch Regen und schmelzenden Schnee, durch Morgentau und Ausdünstungen.
Insgesamt ist immer alles in Ordnung. Doch der lang andauernder Starkregen und der oft tiefe Schnee, der im Frühjahr schmilzt, bedeuten viele hunderte Liter Wasser auf einmal. Nur durch die umfangreiche Reinigung der Gräben im Sommer (vor allem durch die Summercamps) und genau solche gezielten Ausschachtungen bleibt der Gedenkweg trotzdem bestehen.
An jenem heißen Augusttag schachteten die Schüler und ihr Lehrer mit Heiko ein gutes Stück Graben aus. Sie legten diesen tiefer und machten ihn breiter. Beides wird im Herbst helfen, die Wassermassen der Starkregenstürme besser abfließen zu lassen. Alle waren mit Elan und Ehrgeiz bei der Sache. Dutzende Male wurden mit Erde gefüllte Schubkarren zum Erd-Ablageplatz gefahren. Als wir nach drei Stunden die Arbeit beendeten, waren alle erschöpft - aber stolz und guter Dinge. Die Vorher-Nachher-Fotos des Grabens waren in den nächsten Tagen ein wichtiges Thema.
So lernten wir, was ausschachten ist - und wieso auch eine kurz anmutende Arbeitszeit von wenigen Stunden essentiell sein kann, ein Denkmal und einen Gedenkweg im Wald zu erhalten.
Danke an alle Engagierten des Gymnasiums Johanneum in Herborn 2025!
Ergebnis der Ausschachtung